40 Jahre Städtepartnerschaft


In einem eindrucksvollen Festakt in Chenôves neuem Kulturzentrum „Le Cèdre“ unter Anwesenheit vieler Bürgerinnen und Bürger Chenôves wurde die erneuerte Partnerschaftsurkunde von beiden Bürgermeistern unterzeichnet. Vor den Reden der Bürgermeister wurden vom Orchester des Chenôver Konservatoriums jeweils ein Stück eines französischen sowie eines deutschen Komponisten gespielt. Unmittelbar vor der Unterzeichnung führte das Orchester eine eigens für diesen Festakt komponierte Sinfonie eines in Chenôve ansässigen bekannten Komponisten auf, in der die beiden Nationalhymnen als Leitmotive zu einem grandiosen Finale vereinigt werden.

Die im Folgenden abgedruckte Rede von Bürgermeister Dr. Peter Kern, in der er am Schluss die Bürger Chenôves sehr persönlich in französischer Sprache ansprach, wurde von den Anwesenden begeistert aufgenommen und erhielt langen Beifall. Unmittelbar nach der Unterzeichnung wurden beide Nationalhymnen sowie die sogenannte Europahymne „Freude schöner Götterfunken“ gespielt.

Nach dem Festakt gab es um 22 Uhr in dem renommierten Chenôver Restaurant „Clos du roy“ ein neungängiges vierstündiges Galadinner mit 75 geladenen Gästen, darunter auch die Limburgerhofer Radfahrergruppe. Zu den insgesamt dreitägigen Feierlichkeiten waren mit Bürgermeister Peter Kern, dem Beigeordneten Willi Dörfler, den Gemeinderäten Gunnar Weinert-Lax und Jürgen Kleinhans und dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins Gerhard Ehresmann neben der Radfahrergruppe vier weitere Bürger Limburgerhofs angereist. Für den 09.-11. Oktober 2015 ist in Limburgerhof die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde auf der deutschen Seite geplant.

Insgesamt wird in Chenôve das 40jährige Jubiläum der Partnerschaft Limburgerhof – Chenôve von zahlreichen Vereinen, Gewerbetreibenden, Institutionen und Öffentlichen Einrichtungen kulturell, sportlich und schulisch in vielerlei Weise im ganzen Monat Mai beeindruckend gefeiert und verdeutlicht damit den hohen Stellenwert dieser Partnerschaft für die französische Gemeinde.

Monsieur le Maire, cher ami Jean! Cher ami Philippe! Liebe Bürger von Chenôve und Limburgerhof! Liebe Limburgerhofer!

Zuerst danke ich Dir, lieber Jean, und ganz Chenôve für die wunderbare Gestaltung dieses Festaktes zum 40. Jubiläum unserer Partnerschaft. Da blitzt ein Stück von dem Esprit und der Vitalität hervor, wie ihn Chenôve in all den Jahren in unsere Partnerschaft eingebracht hat. 40 Jahre! Manche der Pioniere vom Anfang – auch meine Eltern waren damals dabei – leben heute nicht mehr. Damals war es die Sehnsucht nach Versöhnung nach den bitteren Jahren des Krieges und den Opfern auf allen Seiten. Und so gab es die vielen Momente, da wir uns gegenseitig besuchten, viele Male in den 4 Jahrzehnten, da wir miteinander tanzten und sangen, da wir miteinander den Burgunderwein und den Pfälzerwein kosteten. Momente, in denen wir uns gegenseitig stolz unsere Städte zeigten. Momente, in denen wir uns unsere Lebensgeschichten erzählten. Momente aber auch, in denen wir in Trauer zurückschauten, in denen wir die Last der Geschichte unserer Nationen empfanden. Für mich auch bittere Momente, in denen ich im Konzentrationslager Mauthausen auf der Spurensuche von Marcel Naudot tiefste unbeschreibliche Scham empfand.

Es gab auch die Momente, in denen wir uns geradezu als Experten für Europa fühlten, weil wir gleichsam ganz „unten“ und ganz nah das erleben durften, was die große Politik gar nicht schaffen kann. Und so ist zwischen unseren Bürgern ein Vertrauen, eine Verbundenheit, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden, das inzwischen tief in unseren Herzen verankert ist. Wie habt Ihr uns so oft mit Wärme empfangen – bis heute!

Wir alle haben nun besser verstehen gelernt, dass Frieden gegenseitige Achtung braucht. Dass sie unsere kulturellen Unterschiede nicht einebnet, sondern als Bereicherung empfängt. Und dass sie Gemeinsamkeiten entdeckt, die uns Menschen ausmacht. So bewegen wir uns noch immer auf dem Pfad der Aufklärung, den eure großen Denker Jean Jacques Rousseau und Voltaire befördert haben. Die Aufklärung, die zu den Werten – liberté, egalité, fraternité - der französischen Revolution geführt hat und die die Grundlage der universalen Menschenrechte geworden sind. Aber das Projekt der Aufklärung ist noch nicht zu Ende. Es ist gefährdet. Wir haben in Limburgerhof am 5. Mai einen feigen Brandanschlag auf eine Unterkunft für Flüchtlinge erleben müssen. Die Limburgerhofer Bürger beantworteten diesen von Ortsfremden initiierten Anschlag mit einem großen Schweigemarsch. Er macht deutlich, dass diese Werte, die Würde, ja das Leben der Menschen bedroht bleiben. Ach, es müsste doch möglich sein, dass wir aus dem Frieden, der doch gerade für unser beider Völker in der Versöhnung gründet, Kraft schöpfen können und den Willen für eine friedvolle Zukunft. So wie das Projekt der „Aufklärung“ ist auch das Projekt „Europa“ ein nicht abgeschlossener Prozess. In diesem Zusammenhang findet die Skepsis des französischen Philosophen Jankélévitch auch bei uns Beachtung. Um Frieden zu schaffen und zu erhalten wird es notwendig sein, dass wir mit dazu beitragen, alte Wunden zu heilen. Es wird notwendig sein, dass Europa eine Seele erhält, die die Augen vor der Not derer, die vom Wohlstand ausgeschlossen sind, nicht verschließt. Europa könnte ansonsten seine Stabilität eher verlieren, statt gewinnen.

Wir, die wir in unserer Partnerschaft diese Werte in unserer ganz persönlich gewordenen Beziehung und Freundschaft so lebendig entwickeln konnten, wir haben doch die Fähigkeit gewonnen, diese Werte hinauszutragen, dorthin, wo sie würdevolles Leben ermöglichen helfen. Was in Straßburg oder Brüssel durch die Köpfe geht, ist in unserer Partnerschaft durch die Herzen gegangen. Darum braucht die große Politik unsere kleine Städtepartnerschaft. Zwischen Chenôve und Limburgerhof ist Europa ganz nah, hat es Gesichter, hat es Namen, wie Ernest Drouin und Heinrich Zier. Da ist das Geschenk, dass aus dem ganz Anderen das Vertraute geworden ist.

Wenn wir es schaffen, dieses Geschenk an unsere Kinder weiterzureichen, so dass sie den Reichtum unserer Partnerschaft in ihren Herzen spüren können, dann dürfte uns um die Zukunft nicht bange sein. Friede ist überhaupt nur möglich, wenn sich die Herzen wandeln. Davon bin ich fest überzeugt: Diese Jugend wird eine „Kreativität der Zukunft“ entwickeln, die aus der „Freude eines Vertrauens“ kommt. Welch ein Traum wäre es, wenn es uns gelänge, unseren Kindern eine unbelastete Zukunft zu schenken!

Für all die Jahre der gewachsenen Verbundenheit und die vielen wertvollen beglückenden Momente sage ich im Namen aller Limburgerhofer Bürger, derer, die zuhause sind, und derer, die die Strapazen des Radfahrens auf sich genommen haben, meinen tiefen herzlichen Dank! Ihnen, den Bürgern von Chenôve danke ich!

Vive Chenôve! Vive La France! Vive Limburgerhof! Vive L´Allemagne!